6. August 2025

Verbleib ungeklärt: Die Kunstsammlung der Dresdner Familie Wollf. Teil 2

Die Kunstsammlung der Dresdner Familie Wollf

Die Kunstsammlung der Dresdner Familie Wollf galt einst als eine der bedeutendsten der Stadt. Heute ist sie fast völlig verschwunden. Teil 2, von Barbara Bechter, Provenienzforscherin im Kunstgewerbemuseum und in der Porzellansammlung

Auslagerung und Rückführung der im Kunstgewerbemuseum aufbewahrten Werke der Sammlung Wollf 1942 bis 1945

Der Verbleib der Kunstsammlung des Ehepaars Wollf lässt sich nur für die wenigen Werke, die 1942 durch das Kunstgewerbemuseum Dresden übernommen wurden, belegen. Zusammen mit den Objekten des Kunstgewerbemuseums wurde sie zum Schutz vor Kriegseinwirkungen in mehrere Depots in und außerhalb der Stadt ausgelagert. 

Die Transporte im August und Dezember 1943 gingen zum Schloss Frauenstein, auf die Festung Königstein und nach Schloss Reichstädt. In letzterem laut „Kistenverzeichnis der geborgenen Gegenstände des Kunstgewerbemuseums Dresden im Schloß Reichstädt“ unter der Kistennr. S.W./111 [Sammlung Wollf und laufende Kistennummer]. Nach den für die einzelnen Transporte sehr detailliert erstellten Aufzeichnungen enthielt die Kiste chinesisches Porzellan und Biedermeiergläser.

Die Möbel wurden in separaten Transporten geborgen: Eine kleine Rokokokommode mit roter Marmorplatte gelangte mit dem zweiten Transport nach Schloss Frauenstein, eine stark geschweifte Kommode mit dem fünften Transport zur Festung Königstein und eine englische Kommode aus dem 18. Jahrhundert mit dem sechsten Transport nach Schloss Reichstädt. Ein chinesisches Schränkchen verblieb in den damaligen Kellerdepots des Museums in der Güntzstraße.

Bild 4

Schrank mit chinesischen Zeichnungen
© Kunstgewerbemuseum, Staatliche Kunstsammlungen Dresden
Chinesisches Schränkchen aus schwarz lackiertem Holz, verziert mit Tieren und Pflanzen in Perlmutt, Elfenbein und Nephrit, wohl 19. Jh. (Restitution 2015)

Von den im Kunstgewerbemuseum

Von den im Kunstgewerbemuseum insgesamt inventarisierten 48 Objekten der Möbel-, Glas- und Ostasiaticasammlung des Ehepaars Wollf gelten vierzehn als Kriegsverlust an den Auslagerungsorten. Die auf die Festung Königstein ausgelagerte Kommode wurde von der Roten Armee 1945 als Beutekunst in die Sowjetunion abtransportiert und kehrte nicht zurück. Doch nicht alle fehlenden Werke sind in der Sowjetunion zu vermuten. Vielfach plünderten Unbekannte gleich nach Kriegsende die ausgelagerten Bestände wie schon eine erste Überprüfung des ausgelagerten Museumsgutes durch Albert Gruve, den Bergungsbeauftragten für die sächsischen Museumsgüter, am 21. Juni 1945 ergab:

Reichstädt (Schloß): Die meisten Kisten erbrochen. Die 4 größten Textilkisten völlig ausgeraubt. Großer Teil der Möbelsammlung des Museums vom Zugriff bedroht.

Frauenstein (Schloß): Das Lager stark durchwühlt; Entwendungen aus den Textilkisten; Beschädigungen an einigen Möbeln.

Königstein (Festung): keine Nachricht.

Dresden, Güntzstraße 34, Keller des Kunstgewerbe-Museums: kleine Bestände von weniger wertvollen, meist neuzeitlichen Objekten; nach dem Russeneinmarsch am 8./9. Mai 1945 von Zivilpersonen verwüstet und geplündert.“

Von all den weiteren,

Von all den weiteren, im Gedächtnisprotokoll von Emmy Mraczek und im Testament der Wollfs aufgeführten Kunstwerken ist einzig der Verbleib eines Gemäldes von Jules Pascin bekannt, das Hildebrand Gurlitt unter Wert für 600 Reichsmark 1935 von Julius Ferdinand Wollf übernahm. Das Bild wurde 1945 von den Monuments Men – einer Abteilung der US Army zum Schutz der Kulturgüter während und nach dem Zweiten Weltkrieg – in Schloss Aschbach / Oberfranken entdeckt und befindet sich heute in Privatbesitz in Chicago. Das 1929 zusammen mit dem Pascin-Bild ausgestellte Gemälde von Oskar Moll taucht sechzehn Jahre nach der Enteignung 1958 im Stuttgarter Kunsthandel wieder auf, Einlieferer war die Galeristin Aenne Abels aus Köln. 

Bild mit Krügen
© R.N. Ketterer Stuttgarter Kunstkabinett
Oskar Moll, „Stillleben mit Krügen, Früchten und Blumen“, um 1917, Öl auf Leinwand, Verbleib unbekannt

Während der NS-Zeit

Während der NS-Zeit betreute Aenne Abels auch einige Geschäfte des sogenannten Sonderauftrages Linz, für den ihr Bruder Hermann Abels tätig war. Hitler plante in Linz ein europäisches Kulturzentrum zu errichten und ließ in Österreich, allen besetzten Gebieten und im Deutschen Reich tausende von Kunstwerken unrechtmäßig beschlagnahmen. Molls Stillleben wurde 1958 in Stuttgart nicht versteigert und ging zurück an die Galeristin. In einem Werkverzeichnis wird das Gemälde noch einmal 1975 aufgeführt, seitdem ist es verschollen.

Zum dritten Teil

Dieser Artikel ist

Dieser Artikel ist der 2. Teil einer Reihe. Er ist ebenfalls in den Dresdner Neueste Nachrichten am 06. August 2025 veröffentlicht worden.

Zu diesem Thema ist auch erschienen: Barbara Bechter: „80 Jahre nach Kriegsende – Verbleib ungeklärt: Die Kunstsammlung von Johanna und Julius Ferdinand Wollf, Dresden", 2025, 44 Seiten. Volltext als PDF zum Download im Internet unter: https://retour.hypotheses.org/5421

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