17. September 2020

Auf den Spuren von Oskar Zwintscher (1870–1916)

Oskar Zwintscher, Rote Dächer – Meißen

Intro

Das Albertinum der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden widmet sich in einem übergreifend angelegten Forschungsprojekt dem Werk und Leben von Oskar Zwintscher – eines Malers, der um 1900 berühmt und anerkannt war, nach seinem frühen Tod jedoch bald in Vergessenheit geriet. Der Titel des 2019 begonnenen Projekts: „Oskar Zwintscher (1870–1916). Das unbekannte Meisterwerk“

Das Albertinum besitzt einen großen Teil

Das Albertinum besitzt einen großen Teil der erhaltenen Gemälde des Malers Oskar Zwintscher. Anlässlich seines 150. Geburtstags haben es sich dort Kunsthistoriker*innen und Restaurator*innen gemeinsam zur Aufgabe gemacht, auf der Basis dieses gewichtigen Bestandes mehr Licht in sein Schaffen zu bringen.

Geleitet wird das Projekt von Dr. Andreas Dehmer, den Bestand betreut als Konservatorin Dr. Birgit Dalbajewa. Die maltechnischen Untersuchungen werden von Dipl.-Rest. Silke Beisiegel durchgeführt und koordiniert. Beteiligt sind jedoch zahlreiche weitere Wissenschaftler*innen verschiedener Disziplinen, die alle eine große Leidenschaft für diesen überaus spannenden Künstler teilen.

Hugo Erfurth, Bildnis Oskar Zwintscher, 1906
© Kupferstich-Kabinett, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Foto: Andreas Diesend
Hugo Erfurth, Bildnis Oskar Zwintscher, 1906

Als ein wichtiger Kooperationspartner

Als ein wichtiger Kooperationspartner konnte die Hochschule für Bildende Künste Dresden gewonnen werden; maßgeblich gefördert wird die Unternehmung von der Friede Springer Stiftung.

Im Laufe der Untersuchungen offenbarte sich zunehmend eine enorm faszinierende technische Virtuosität, die Zwintschers Gemälden zugrunde liegt. Zusammen mit zahlreichen neuen biografischen Erkenntnissen ergibt sich so nach und nach ein noch facettenreicheres Bild von einem vielschichtigen Künstler um 1900, der mit großer Eindringlichkeit seinen eigenen Weg suchte.

Seine Malerei

Seine Malerei – suggestive Porträts, symbolistische Darstellungen und stilisierte Landschaften – war ein markanter Beitrag zum deutschen Fin de Siècle. In dieser Zeit prägten Jugendstil, Sezessionen und Reformkunst das kulturelle Leben durchaus erheblich.

Oskar Zwintscher, Bildnis einer Dame mit Zigarette, 1904
© Albertinum, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Foto: Elke Estel / Hans-Peter Klut
Oskar Zwintscher, Bildnis einer Dame mit Zigarette, 1904

Zwintschers bekannteste Werke

Zwintschers bekannteste Werke – darunter das ungemein fein komponierte Bildnis einer unbekannten Dame in Schwarz mit Zigarette von 1904 oder das bewegende Porträt seiner Frau Adele im Hamsterpelz (1914) – hatte er in Dresden gemalt, wo er ab 1903/04 auch als Professor an der Kunstakademie unterrichtete.

Ein bedeutender Teil seines frühen Œuvres entstand jedoch in der einstigen Residenzstadt Meißen. Nach dem Kunststudium in Dresden lebte, zeichnete und malte Oskar Zwintscher dort über zehn Jahre lang. Viele Motive, die er dort in sich aufnahm und in verschiedenen Kontexten wiedergab, lassen sich heute noch gut nachvollziehen.

Oskar Zwintscher, Adele im Hamsterpelz, 1914
© The Jack Daulton Collection, Foto: Don Tuttle
Oskar Zwintscher, Adele im Hamsterpelz, 1914

Ein bedeutender Teil

So lag es mehr als nahe, vor Ort auch mit der Kamera seinen Spuren zu folgen. Fach- und ortskundige Kolleg*innen aus dem Meißner Stadtmuseum und Stadtarchiv halfen bereitwillig und hoch kompetent bei der detailreichen Suche. Dabei ergab sich u.a. die spannende Rekonstruktion einer Geschichte zweier Bilder, die ursprünglich eins waren.

Video

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Oskar Zwintscher (1870–1916). Eine Spurensuche in Meißen
Oskar Zwintscher (1870–1916). Eine Spurensuche in Meißen Kamera/Schnitt: Jürgen Lange

Bild 4

© Foto: Stadtmuseum Meißen / Linda Karohl-Kistmacher
Filmpräsentation im Stadtmuseum Meißen, 12.9.2020

An einem vermeintlichen Close-up

An einem vermeintlichen Close-up von den roten Dächern der Meißner Altstadt – das annähernd quadratische Holztafelbild hatte 1929 Direktor Hans Posse von der Witwe des Künstlers für die Dresdner Gemäldegalerie erworben – war im Zuge der Untersuchungen eine auffällige Schnittkante am unteren Rand erkannt worden. Daraus konnte eine ursprünglich intendierte hochformatige Straßenszene rekonstruiert werden, deren untere Hälfte allerdings verschollen ist. In alten Katalogen sind beide Teile als separate Kunstwerke aufgeführt, die jedoch die gleiche Datierung und die gleichen Breitenmaße aufwiesen.

Oskar Zwintscher, Rote Dächer – Meißen
© Albertinum, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Foto: SKD
Oskar Zwintscher, Rote Dächer – Meißen

Die digitale Zusammenfügung

Die digitale Zusammenfügung der zwei Bilder führte zu einer ganz anderen Ansicht von Meißen – ausgehend von einer malerischen Gasse unterhalb des Burgbergs, aber doch in einer ganz eigenen Interpretation. Es war wahrscheinlich Zwintscher selbst, der daraus zwei eigenständige Werke machte.

Großen Anteil an dieser Entdeckung hatte Prof. Marlies Giebe, die bis Juni 2020 die Gemälderestaurierungswerkstatt der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden leitete, das Projekt aber auch weiterhin mit ihrer Expertise fachlich begleitet.

Von Andreas Dehmer

Oskar Zwintscher, Meißner Gässchen. Standort unbekannt
© Unbekannter Fotograf, Deutsche Fotothek/ SLUB Dresden, Aufnahme df_hauptkatalog_0085131
Oskar Zwintscher, Meißner Gässchen. Standort unbekannt

Bild 7

© Stadtarchiv Meißen, Foto: Jürgen Lange
Historische Postkarte von Meißen, Die Winkelkrugecke
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