Sie hatten eben erst begonnen
Sie hatten eben erst begonnen an dem Projekt mitzuwirken und sahen sich coronabedingt unverhofft mit einer ganz neuen Situation konfrontiert. Inwiefern hat sich das auf Ihre Arbeit ausgewirkt?
Es ist gewissermaßen Glück im Unglück, dass sich die erste Untersuchung der Zeichnungen, der Schritt, den wir auch manchmal „Autopsie“ nennen, ganz gut alleine durchführen lässt. Dafür konnte ich die doch recht stillen Wochen nutzen, d. h. soweit ich vor Ort sein konnte. Denn auch wir am Museum mussten uns hierin, wie alle, zurücknehmen und etliche Aufgaben mit nach Hause nehmen. Allerdings kann man Zeichnungen und ganz allgemein Kunst nur bedingt im Homeoffice erforschen, dank oder trotz aller Digitalisierung. Darum gibt es unseren wunderbaren Studiensaal in dem alle zur direkten Auseinandersetzung mit der Kunst willkommen sind und wo man den Objekten für gewöhnlich näherkommt als in den meisten anderen Museen. Ich freue mich sehr auf die Zeit, wenn diese Art von Kontakt bald wieder möglich ist!
Auch als einsame Forscherin kommt man irgendwann an den Punkt, an dem man gerne die Kolleg*innen zu Rate ziehen würde, was ja auch ein zentrales Anliegen des Paper Projects ist. Doch wie gewohnt in intensiver Diskussion über einer Zeichnung die Köpfe zusammenzustecken, das geht gerade nicht mehr. Also finden wir andere Wege, uns im Team auszutauschen. Es gibt auch eine fachliche Sensibilisierung für das Thema „Nähe und Schutz“. In Kupferstichkabinetten ist man seit jeher vertraut damit, Handschuhe zur Schonung der Kunst zu tragen. Sie stehen gewissermaßen emblematisch für den Wunsch, Grafik zu begreifen und gleichzeitig zu behüten. Dass ähnliche Schutzmittel derzeit im Alltag der ganzen Gesellschaft die Bedeutung gegenseitiger Rücksichtnahme erhalten, finde ich bemerkenswert.