22. Februar 2019

Diese Uhr kann alles – und wir wollen es zeigen!

links und rechts Säulen, mittig Vitrinen, oben Kronleuchter in einer Reihe

intro

Dr. Michael Korey, Oberkonservator am Mathematisch-Physikalischen Salon (MPS) und Dr. Samuel Gessner, Wissenschaftshistoriker aus Lissabon, suchen gemeinsam nach neuen Wegen, die Planetenuhren der Renaissance für heutige Betrachter zu erschließen und zu visualisieren. In Zusammenarbeit mit dem Uhrmacher Lothar Hasselmeyer, Restaurator am MPS, und Kollegen des Astronomisch-Physikalischen Kabinetts in Kassel wird die Dresdner Planetenuhr ständig weiter erforscht. Einige der Forschungsergebnisse werden im Rahmen einer Kabinettausstellung im Mathematisch-Physikalischen Salon seit Mai 2017 zugänglich gemacht. An dieser Stelle geben wir euch einen Einblick hinter die Kulissen.

Der geniale Instrumentenbauer Eberhard Baldewein

Wir stehen am Ende eines der Ausstellungssäle im Mathematisch-Physikalischen Salon und blicken auf diese imposante „Planetenuhr“. Welches Wunderwerk der Technik verbirgt sich hier?

Der geniale Instrumentenbauer Eberhard Baldewein leitete die Anfertigung der Uhr, einer Art Himmelsmaschine, die 1563 bis 1568 in präziser Kleinstarbeit für den Kurfürst August I. von Sachsen geschaffen wurde. Damit schuf er eine technologische Spitzenleistung und ein künstlerisches Meisterwerk.

Begriffe und Denkweisen der Renaissance-Astronomie bilden die Grundlage für das Verständnis derartiger astronomischer Automaten. Unterdessen hat sich unser Weltbild jedoch grundlegend verändert. Genau dort setzen unsere Wissenschaftler Dr. Michael Korey und Dr. Samuel Gessner, beide Experten ihres Faches – an: Sie suchen neue Wege, für heutige Betrachter die Planetenuhren der Renaissance zu erschließen und zu visualisieren. In Zusammenarbeit mit dem Uhrmacher Lothar Hasselmeyer, Restaurator am MPS, und Kollegen des Astronomisch-Physikalischen Kabinetts in Kassel wird die Dresdner Planetenuhr ständig weiter erforscht.

Die erste Phase des Projekts

Die erste Phase des Projekts konnte dank der Unterstützung von der Museum Research Foundation im Rahmen des SKD-Forschungsprogramms „Europa/Welt“ realisiert werden. Jetzt hat das Team um Michael Korey eine Förderung durch die Kulturstiftung des Bundes im Programm „Fellowship Internationales Museum“ erhalten und ist nun dabei die Planetenuhr zu untersuchen.

Die komplizierteste Maschine der Renaissance

Bevor sich 2017 der Vorhang auf die Kabinettausstellung lüftet, konserviert Lothar Hasselmeyer in liebevoller Kleinarbeit Teile der „kompliziertesten Maschine der Renaissance“. Wir haben ihn in der Restaurierungswerkstatt besucht. Heute steht die sogenannte Mond-Anzeige im Mittelpunkt. Im letzten Jahr hat Herr Hasselmeyer das Werk, das die Mondbewegung am Himmel genau nachbildet, auseinander genommen. Dabei wurden die Einzelteile sorgfältigst untersucht, behutsam gereinigt und schließlich mit einer Wachsschicht versehen. Nach Monaten mühevoller Arbeit liegen hier die Teile. Das Bild zeigt allerdings nur eines von insgesamt neun der geordneten Kästchen – allein für das Werk der Mond-Anzeige!

Impressionen

Hinter den Kulissen

Hinter den Kulissen forschen Michael Korey und Samuel Gessner mit Lothar Hasselmeyer an der Dresdner Planetenuhr, die von ihrem wissenschaftlich wie technisch komplexen Aufbau her zu den raffiniertesten Artefakten der Frühen Neuzeit gehört.  Der Mechanismus war so angelegt, dass die Planetenpositionen vor dem Hintergrund der Sterne von unserer Perspektive aus  jederzeit aufs Genaueste angegeben wurden. Von den Uhren, welche darauf angelegt waren, sind weltweit insgesamt nur vier erhalten: sie befinden sich heute in Paris, Wien, Kassel und Dresden. Renaissance-Uhren mit astronomischen Anzeigen waren häufiger, zeigten aber höchstens den durchschnittlichen Lauf der Planeten, nicht ihr vor- und rückwärtiges „Wandern“ über den Himmel. Somit haben wir es hier in Dresden mit einem überaus seltenen Exemplar zu tun.

Noch zeigt nur das Foto von vor der Restaurierung des Mond-Anzeigewerks, wie das Ergebnis später aussehen soll. Aber in einigen Stunden hat Lothar Hasselmeier die Teile wieder richtig ineinander gebaut, und der Mond tanzt wieder. (Obwohl hier zu sagen ist, dass die Uhr aus konservatorischen Gründen in der Ausstellung nicht in Bewegung gehalten wird. Mit einer Animation werden die Bewegungen trotzdem sichtbar)

Den gestirnten Himmel zu begreifen, gehört zu den ältesten Träumen der Menschheit. Astronomen vermaßen den Himmel und entwarfen mathematische Theorien, um die Bewegungen der Gestirne exakt zu beschreiben und vorhersagbar zu machen. Mitte des 16. Jahrhunderts beschafften sich europäische Fürsten höchst komplexe Automaten, um die Bewegungen aller sichtbaren Himmelskörper ohne komplizierte Rechnungen nachvollziehen zu können. Mittels dieser seltenen Planetenuhren holten sie den Himmel auf die Erde und demonstrierten ihre Gottesnähe.

Übrigens: Auch wenn eines der Anzeigewerke in der Museumswerkstatt liegt, ist die Planetenlaufuhr weiterhin in der Ausstellung zu sehen. Besucher haben dann sogar die Möglichkeit, einen Blick in das ausgeklügelte Innenleben der Uhr zu werfen.

Zum Seitenanfang